Die Qual der Wahl - Ein Hund soll es sein
Nach der Entscheidung, sich einen Hund nach Hause zu holen, treten sofort viele weitere Fragen auf. Einige davon hat Samtpfote dem Hundetrainer Alexander Ewald gestellt.
SP: Viele Menschen, die sich einen Hund wünschen, bevorzugen einen Welpen. Ist das wirklich so vorteilhaft?
A.E.: Eigentlich nicht. Viele Leute argumentieren, dass sie bei einem Welpen wüssten, worauf sie sich einließen. Das stimmt so nicht. Zwar lässt sich anhand von Rassemerkmalen
und dem Wesen des Welpen einschätzen, wie er sich entwickeln könnte - jedoch auch nur "könnte". Jeder Hund ist ein Individuum, desssen Charakter sich erst im Laufe der ersten 2
Jahre voll entwickelt. Das andere Problem ist, dass viele Halter den Aufwand, einen Welpen stubenrein zu machen und einen Junghund zu prägen und zu erziehen, völlig unterschätzen. Da läuft oft vieles schief und der Hund entwikkelt sich nicht wie gewünscht. Bei einem Vierbeiner ab einem Alter von 2 Jahren weiß man hingegen genau, wie er ist
und der Aufwand zur Eingewöhnung ist deutlich geringer. Alle wichtigen Phasen der Charakterbildung sind dann meist abgeschlossen und Stubenreinheit ist dann auch
kein Thema mehr.
SP: Mischling oder Rassehund?
A.E.: Reine Geschmackssache. Nach meiner Erfahrung stimmen viele Argumente, die das eine oder andere befürworten, nämlich nicht. Ein Rassehund kann kein Stück seiner
Rassebeschreibung entsprechen und ein Mischling kann die negativen Eigenschaften und Erbkrankheiten seiner Eltern in sich vereinen. In beiden Fällen ist es wichtig, sich ein
genaues Bild von dem zu machen, was man bevorzugt, also die Art und das Aussehen betreffend. Sich dann über die Rasseeigenschaften, auch die eines Mischlings, zu informieren, um zu wissen worauf man sich einlässt. Wenn man dann losgeht und sich Hunde anschaut, sollte man nicht nach 20 Minuten mit einem Hund wieder kommen. Lernen sie den neuen Mitbewohner erstmal richtig kennen. Besuchen Sie ihn mehrmals, gehen Sie zusammen spazieren und testen Sie verschiedene Situationen. Wie zum Beispiel der Kontakt mit anderen Hunden oder Kindern.
SP: Gerne wird darüber diskutiert, ob ein Hund vom Züchter oder vom Tierschutz geholt werden sollte. Was macht da mehr Sinn?
A.E.: Wenn Sie nach dem Sinn fragen, muss ich sagen, dass ein Hund aus dem Tierschutz da mehr Sinn macht. Immerhin geht es darum, einem Tier zu helfen, welches Schicksal es
auch immer gehabt haben mag. Sinnvoller ist es allerdings, sich richtig umzuschauen. Leider gibt es bei Züchtern eine Vielzahl schwarzer Schafe, aber auch im Tierschutz gibt es welche. Bei einem Besuch vor Ort sollten Sie sich Zeit nehmen und sich die örtlichen Gegebenheiten anschauen. Wie der Hund gerade lebt und wie die Umstände sind. Wo sind die Elterntiere? Wie ist der Kontakt zu Menschen und Hunden organisiert? Stimmen die hygienischen Bedingungen? Wenn sie den Eindruck haben, dass man Ihnen einen Hund "andrehen" will, sollten sie in diesem Falle davon absehen. Wie schon vorher erwähnt, sollten sie den Hund mehrmals besuchen dürfen. Eine gute Vermittlung erkennt man auch an der eingehenden Beratung und daran, dass Vor- und Nachkontrollen durchgeführt werden.
SP: Groß oder Klein? Wahrscheinlich auch eine Geschmackssache?
A.E.: Nicht nur eine Frage des Geschmacks. Der Hund sollte ja schon zu den persönlichen Gewohnheiten und den Lebensumständen passen. Eine Dame mit 70 sollte keinen aufgedrehten Border Collie halten und eine Frau mit 50 kg Gewicht ist mit einen 40 kg-Rottweiler schlicht überfordert. Ein kleiner Hund kann nicht viele Treppen steigen und ist zum ausdauernden Joggen nicht gut geeignet. Machen sie sich Gedanken, was Sie zukünftig unternehmen wollen und wie sich das auch mal ändern kann. Können Sie einen verletzten oder alten Hund die Treppen hoch tragen? Welche Lebenserwartung haben Sie und welche der Hund? Haben Sie die Nerven für einen Terrier oder sind sie mit einem ruhigen Windhund besser bedient? Um auf die Frage von vorhin zurück zu kommen: auch daran erkennt man eine gute Vermittlung. Niemand sollte Ihnen einen Hund geben, der einfach nicht zu Ihnen passt.
SP: Das ist ja alles doch nicht so einfach?
A.E.: Ist es wirklich nicht, aber die Anschaffung und Auswahl eines Hundes will gut überlegt sein. Immerhin geht man hier eine Bindung bis zu 20 Jahren ein.
SP: Gibt es denn da keine Hilfe?
A.E.: Zum einen kann man sich mittlerweile gut im Internet informieren. Allerdings rate ich von Foren ab. Da wird oft Schwachsinn verbreitet. Bücher und Zeitschriften helfen bei der
Informationsbeschaffung und Rasseauswahl. Mittlerweile helfen aber Hundetrainer - wie ich - auch gerne bei den Überlegungen und der Auswahl. Die fachliche Kenntnis kann hier einfach viel nützen.
SP: Danke. In der nächsten Ausgabe fragen wir Herrn Ewald dann, was man beachten muss wenn ein neuer Hund ins Haus kommt und wie man sich vorbereitet.
© Text und Bilder: Alexander M. Ewald www.learning-dogs.de 2004 - 2018